Leben mit Demenz im Alltag

Demenz ist eine Krankheit, die durch eine Störung/Verschlechterung von mehreren höheren kortikalen Funktionen geprägt ist. Die Betroffenen zeigen kognitive Defizite bezüglich des Gedächtnisses und/oder der Aufmerksamkeit, der exekutiven Funktionen, der Sprache, der motorischen Wahrnehmung und Fähigkeiten, sowie der sozialen Kognition (American Psychiatric Association, 2013).

Die Verluste der kognitiven Fähigkeiten haben einen großen Einfluss auf das alltägliche Leben und die Autonomie der betroffenen Menschen Sichtbar wird diese Verschlechterung unter anderem mit dem Auftreten von zeitlicher, örtlicher und situativer Desorientierung, der Schwierigkeit konkrete Handlungsabläufe autonom auszuführen (Körperpflege, Anziehen, usw.), Schwund des Wortschatzes sowie die Unfähigkeit Personen wiederzuerkennen. Diese Veränderungen können dazu führen, dass der betroffene Mensch mit alltäglichen Situationen überfordert ist und sich von seinem Umfeld nicht verstanden fühlt. Als Konsequenz können sozialer Rückzug, depressive Verstimmungen oder herausforderndes Verhalten auftreten.

Trotz allem verliert der Patient mit dementiellen Veränderungen nicht die Wahrnehmung von sich selbst oder seine Identität (Hughes et al., 2006 zitiert von Hydén,2018). Die Umgebung in der sich die Betroffenen befinden spielt eine wichtige Rolle; sie hilft eine Brücke zwischen Vergangenheit und Präsenz zu schaffen indem sie Gedächtnis und Erfahrung miteinander verbindet (Altman & Werner 1985 zitiert von Son, Therrien & Wall, 2002).  Nicht nur das episodische Gedächtnis ist maßgebend für das autobiographische Empfinden, sondern auch das prozedurale Gedächtnis (Gewohnheiten und motorische Fähigkeiten) (Hydén,2018). Bei demenzerkrankten Patienten bleibt das implizite (prozedurale, emotionale) Gedächtnis besser erhalten als das explizite (episodische) Gedächtnis (Eldridge et al. 2002 zittiert von Meer 2008).

Laut wissenschaftlichen Erkenntnissen soll der Alltag für Menschen mit Demenz in stationären Pflegeeinrichtungen optimal gestaltet werden um die Lebensqualität der Betroffenen zu fördern. Durch Einbindung in alltägliche Aktivitäten in Verbindung mit familiären Gewohnheiten werden die funktionellen und sozialen Kompetenzen unterstützt. (Küller, 1988 zitiert von Son, Therrien & Wall, 2002). Ein positiver Effekt dieser vertrauten Tätigkeiten ist, das Gefühl von Komfort, Kontrolle, Ruhe, das der Betroffene empfindet (Camberg et al., 1999 zitiert von Son, Therrien & Wall, 2002). Weiterhin steigert sich die Lebensqualität der Patienten, wenn sie ihren geliebten Freizeitaktivitäten nachgehen können und so den Eindruck von Autonomie, persönlicher Identität und das Empfinden der Zugehörigkeit erhalten (Beerens und al., 2016).

Insofern sind Biographiearbeit und eine vertrauensvolle Bindung essenzielle Aspekte in stationären Pflegeeinrichtungen.

Den Zithaeinrichtungen ist es von höchster Bedeutung, die Bewohner mit Demenz ganz persönlich in ihrer Individualität zu begleiten und zu fördern.

Zoé STURM

Psychologue

Bibliographie

Am Psychiatric Association. Diagnostic and statistical manual of mental disorders, fifth edition (DSM-5). Washington, DC: Am Psychiatric Association;2013

Beerens, H. C., de Boer, B., Zwakhalen, S. M., Tan, F. E., Ruwaard, D., Hamers, J. P., & Verbeek, H. (2016). The association between aspects of daily life and quality of life of people with dementia living in long-term care facilities: a momentary assessment study. International psychogeriatrics, 28(8), 1323-1331.

Hydén, L. C. (2018). Dementia, embodied memories, and the self. Journal of Consciousness Studies, 25(7-8), 225-241.

Meer, J. (2018). Die Erinnerung des Leibes: Zur Relevanz und Funktion von Leibzeit bei Alzheimer-Demenz. Zeitschrift für praktische Philosophie, 5(1), 207-230.

Son, G. R., Therrien, B., & Whall, A. (2002). Implicit memory and familiarity among elders with dementia. Journal of Nursing Scholarship, 34(3), 263-267.